Die Wettervorhersage für den letzten Tag des diesjährigen Taubertal-Festivals ist am frühen Morgen noch nicht allzu gut. Es soll wieder regnen. Hoffen wir mal,
das der Wettergott nach dem verregneten Samstag gnädig mit uns ist und wir von weiteren Regenschauern verschont bleiben.
Kurzer Flashback zum letzten Abend: Liebe Leute, was war das denn bitte für eine Show der Headliner auf beiden Bühnen?. Unterschiedlicher hätten sie nicht sein können. Auf der Main-Stage der Rapper Marteria, der erwartungsgemäß eine großartige Show abgeliefert hat (das haben mir Fotografenkollegen berichtet – Künstler und Publikum hatten so richtig Bock zu feiern) und auf der kleineren Bühne While She Sleeps. Was habe ich die Jungs gefeiert, das war Abriss der allerersten Sorte. Ehrlich, die Kombi aus Bühnenpräsenz, den einzelnen Songs und der Show der Briten haben es zu einem Highlight an diesem Wochenende gemacht. Das kann ich jetzt schon sagen – und Tag drei fängt erst an.
Am letzten Tag haben wir noch einmal eine bunte Mischung auf beiden Bühnen. Unter anderem ENGST, The Baboon Show, Donots (my Favorite an diesem Tag, so viel sei schon mal verraten), Bilderbuch und noch einige mehr. Nicht zu vergessen: die Bekanntgabe des Gewinners vom Emergenza International Contest. Ob es die Jungs von Grell geschafft haben, den Pokal zu holen?
Los geht’s mit ENGST auf der Sound For Nature-Stage. Fakten zur Band: 2015 von Frontmann Matthias Engst gegründet, aus Berlin stammend, Musikstil: eine Mischung aus Rock und Punk. Die Texte ihrer Songs haben sozial- und gesellschaftskritische Inhalte und kommen trotzdem nicht mit erhobenem Zeigefinger daher, sondern eher als Spiegel der Gesellschaft mit dem Hinweis: Hey, denk mal drüber nach! Die Band fackelt die Bühne ab, Engst selbst hat eine unglaubliche Präsenz, das Publikum ist von Song eins an mit dabei und singt aus voller Kehle mit.
Ich persönlich bin ein Freund davon, wenn die Akteure auf der Bühne mit den Menschen vor der Bühne in die Interaktion gehen. Bei dieser Band absolut der Fall. Schon während der ersten drei Songs fordert Matthias Engst eine Wall of Love! Abwechselnd lässt er die rechte und linke Seite brüllen, wobei er betont, dass Rechts nie lauter sein darf als Links. Kann man durchaus als politisches Statement verstehen. Ein weiterer Punkt, der diese Band so sympathisch macht. Da ich ohne Erwartungen zum Auftritt von ENGST gekommen bin, werde ich positiv überrascht und werde mich auf jeden Fall noch einmal genauer mit der Band beschäftigen. Klare Empfehlung für alle, die die Band noch nicht kennen!
Ab geht’s zur Taubertal-Stage. The Baboon Show eröffnen die Stage am letzten Tag. Das Zauberwort für den Auftritt der vier-köpfigen Band aus Stockholm lautet: Energie. Von Anfang an heizt die Band um Frontfrau und Gründungsmitglied Cecilia Boström der Eiswiese ein. Die Energie auf der Bühne wird eins zu eins auf das Publikum übertragen und die Songs werden lautstark mitgesungen. Boström sucht immer wieder den direkten Kontakt zur Menge vor der Bühne. Schon während der ersten drei Songs steigt sie in den Fotograben runter, um der ersten Reihe ganz nah zu sein. Solche Aktionen machen klar, warum The Baboon Show den Ruf hat, einer der besten Live-Acts von Schweden zu sein. Auch auf der Bühne nutzt die Frontfrau jeden Meter aus, läuft kreuz und quer über die Bühne, interagiert mit den restlichen Bandmitgliedern und strotzt nur so vor, ja da ist es wieder, Energie. Die Band nutzt ihre 60 Minuten voll aus und hinterläßt ein zufriedenes Publikum, das ordentlich angeheizt ist für die nachfolgenden Bands.
Und wieder zurück zur Sound For Nature Bühne. Die Bekanntgabe des Gewinners vom Emergenza International Contest steht an. Der Gewinner darf, wie jedes Jahr, eine Stunde auf der großen Bühne performen. Im Gegensatz zu früheren Jahren, wird in 2023 nur noch der Gewinner des Contest bekannt gegeben. In den Jahren zuvor gab es noch Einzelpreise für z. B. den besten Gitarristen oder ähnliches. Dies scheint komplett aus dem Konzept genommen worden zu sein. Warum, tja das kann ich nicht erklären.
Eins muss man sagen: die Konkurrenz war dieses Jahr sehr stark. Die acht internationalen Acts haben es alle verdient, den Preis nach Hause zu holen. Gelungen ist es schließlich der Band TRAinnovation aus Japan. Gratulation. Die Band um Hideyuki Horie ist ein Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat mit traditioneller japanischer Instrumenten eine musikalische Harmonie zu erzeugen, die auch die nächste Generation anspricht. Den Eindruck, den ich von der Band gewinnen konnte: Sie haben kein Problem damit, auf einer großen Bühne zu stehen. Bei Ihrem Auftritt strahlen sie eine Stärke aus, gepaart mit Stolz über den Gewinn des Finales und einer Power, die sie in ihr Spiel legen. Absoluter Höhepunkt für mich: die Version von Freude schöner Götter-funken. Wer jetzt neugierig geworden ist, kann gerne bei den bekannten Streaming-Diensten mal in die Musik der Japaner reinhören!
Fliegender Wechsel zur SFN Bühne. Es erwartet uns: Destroy Boys. Die Punk-Band aus Sacramento wurde 2015 gegründet. Aktuelle Bandmitglieder sind Sängerin Alexia Roditis, Gitarristin Violet Mayugba und Schlagzeuger Narsai Malik. Hm, ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, was ich Euch zu diesem Act sagen soll. Mir persönlich kam das Ganze nicht ganz rund vor. Irgendetwas hat mir gefehlt, der berühmte Funke ist so gar nicht übergesprungen. Sorry, da muss ich euch ausführlichere Worte schuldig bleiben. Und ein Urteil möchte ich auch nicht fällen, schlicht und ergreifend weil ich es in diesem Fall nicht kann. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich den Eindruck hatte, dass beim Soundcheck was schief gelaufen ist. Die Stimme von Alexia war kaum zu hören. Hört selbst mal in die Songs der Band rein und bildet euch euer Urteil.
Und sofort geht es wieder zurück zur großen Bühne. Es ist soweit. Mein Fan-Girl Moment ist da.
On Stage: Donots! Yes, was habe ich mich auf dieses Konzert gefreut. Aber erst noch ein paar Fakten, bevor ich meine Eindrücke schildere: Ingo selbst nutzt die Zeit nach dem ersten Song um der Menge auf der Eiswiese mitzuteilen, dass dies der elfte (!) Auftritt der Donots beim TTF ist. 1999 war die Band zum ersten Mal dabei, 2006 haben sie zwei Mal gespielt – daher zum zehnten Mal dabei. Ein kleines Jubiläum also. Gratulation! Aber nicht nur das, sie sind auch die Band mit den meisten Auftritten im Taubertal. Klar, für mich als bekennender Fan der Band ist das absolut nachvollziehbar J. Und freut Euch schon mal auf zwei Ereignisse, die kommen werden. Ab Ende Oktober bis Anfang Dezember sind die Jungs auf Heute ist ein guter Tag-Tour (übrigens die gleichnamige Scheibe ist das erste Nummer eins Album der Jungs!) in verschiedenen deutschen Städten und im europäischen Ausland. Ich hoffe, dass sie in 2024 auch noch einmal in meiner Nähe spielen! Und in 2024 feiert die Band ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum. Bin gespannt, was die Jungs sich dazu einfallen lassen.
Okay, jetzt aber wirklich zum Konzert!
Wer bei einem Konzert der Donots sich nicht bewegt muss schon extrem lethargisch sein. Man kann sich gar nicht der Wirkung von Ingo und Co. entziehen. Auf der Bühne versprühen die Jungs eine solche Spielfreude, die in Null Komma Nix auf das Publikum überschwappt. Die Crowd auf der Eiswiese wird von dieser Energie mitgerissen und bewegt sich. Circle Pit, Mosh Pit – alles ist dabei. Natürlich lässt es sich Ingo nicht nehmen, dem Mosh Pit einen Besuch abzustatten und eine Runde Crowd Surfing auf einem aufblasbaren Krokodil zu drehen. Die Setliste ist bunt gemischt und bietet einen tollen Querschnitt von Donots-Songs. Mal auf Englisch, mal auf Deutsch, Songs vom neuen Album oder ältere Titel wie der Gassenhauer So Long oder We’re Not Gonna Take It in der ‚Donots Version‘. Alles ist dabei. Für mich also jede Menge Momente mit Gänsepelle. Danke dafür liebe Donots!
Kurze Verschnaufpause, bevor es noch einmal zur Sound For Nature Bühne geht. Nächste Band: Team Scheisse. Für diejenigen, die die Band nicht kennen: Nein, das ist nicht mein Urteil – die heißt wirklich so! In Vorbereitung auf das TTF habe ich bei YT mal ein paar Lieder von Team Scheisse angehört, weil ich hier eine echte Wissenslücke hatte. Okay, das scheint eine interessante Stunde auf der SFN-Bühne zu werden. Glaubt man den Einträgen im Internet, gehört die Band zu den Phäno-menen, die man Live erleben muss. Und das scheint zuzutreffen, denn der Platz vor der Bühne ist gerappelt voll. Kaum erklingen die ersten Töne von ‚Schmetterling‘ vom aktuellem Album 042124192799 beweist die Menge ihre Textsicherheit. Lange kann ich leider nicht bei Team Scheisse bleiben, denn es wartet noch eine weitere Band auf der Hauptbühne auf mich.
Wo der Bandname nicht Programm ist
Jetzt geht es zu den Co-Headlinern für diesen Abend auf der Taubertal-Stage: Bilderbuch. Die vier-köpfige Band um Sänger Maurice Ernst stammt aus Wien und bietet eine Mischung aus Pop, Rock und Indie würde ich mal behaupten. Frontmann Ernst ist das Aushängeschild der Band. Sein Auftreten wirkt egozentrisch, leicht abgehoben und erinnert an eine verstorbene musikalische Größe aus Österreich. Aber das war damals schon nicht unangenehm sondern verlieh dem Ganzen einen ganz besonderen Flair, dem man sich nicht entziehen konnte. Und genauso ist es auch bei ihm. Es passt einfach. Wäre es weniger, wäre es – so glaube ich - nicht Bilderbuch. Die Musik spricht für die Österreicher und nein, man muss nicht nach einer großen Message in den Texten suchen. Letzt-endlich geht es Bilderbuch mit ihren Songs und ihren Auftritten darum, dass sowohl die Band als auch Fans und Konzertbesucher eine gute Zeit haben. Das ist vielleicht die Message die bei mir ankommt. Für mich ist Bilderbuch die zweite Überraschung an diesem Tag.
Blättern wir mal im Bilderbuch
Ja und das war es dann mit dem Taubertal-Festival 2023 für musicblox. Aufmerksame Leser werden jetzt sagen: Moment, Bilderbuch war der Co-Headliner. Wer ist denn der Headliner am letzten Tag und warum gibt es keine Fotos und ein paar Worte zum Headliner? Okay, hier sind Sie: Headliner am Sonntag sind die Broilers. Seit 2012 sind wir beim TTF dabei und hatten bereits drei Mal die Gelegenheit über die Band inklusive Fotos zu berichten. 2023 sind die Broilers zum ersten Mal der Headliner im Taubertal. Soweit so gut – aber das erklärt euch noch nicht, warum wir über den Auftritt nicht berichten. Die Lösung ist ganz einfach: Für das Konzert der Band gelten bestimmte Fotoregeln. Nicht alle Medienvertreter sind zugelassen, Fotos zu machen. Wir gehören zu der großen Gruppe an Konzertreportern, die nicht fotografieren dürfen. Kurzum: wir entschließen uns dazu, nach Bilderbuch in den Feierabend zu starten und nicht über die Broilers zu berichten.
Fazit des diesjährigen TTF. Wie immer eine schöne Zeit, auch wenn das Wetter nicht immer mitgespielt hat. Das hat uns und den Besuchern noch nie die Lust am Feiern genommen. Und ja, heute wurden wir vom Regen verschont. Das Wetter hat gehalten. Das Festival im Taubertal zeichnet sich durch seine familiäre Art aus. Die Besucher sind bunt gemischt von Jung bis Alt. Die Künstler und ihre Musik so vielseitig und unterschiedlich - da ist für viele musikalische Vorlieben etwas dabei. Manche Acts sieht man zum wiederholten Male und auf der anderen Seite entdeckt man neue Bands, die einen neugierig machen auf mehr. Und genau das ist es, was das TTF zu unserem Lieblingsfestival macht. Trotzdem würde ich mir für das nächste Jahr wünschen, dass es mehr Acts gibt, die mit viel Druck nach vorne gehen. Laut sind. Das war mir dieses Jahr zu wenig. 2023 stand für mich so ein bisl unter dem Motto rotzfrech auf die Zwölf. Nicht falsch verstehen, war interessant und abwechslungsreich. Aber ich bin dann doch eher die andere Fraktion.
2024 findet das Taubertal-Festival vom 09. August bis 11. August statt. Sichert Euch rechtzeitig die Tickets. Sobald wir Infos zu den Bands erhalten, werden wir Sie veröffentlichen.