TTF 2023 Tag zwei und die Suche nach der Sonne

Es ist Tag zwei des TTF 2023 und die Wetteraussichten sind nicht sehr vielversprechend.

dsc04053 20230813 1781066170Noch vor dem ersten Act auf der Taubertal-Stage am späten Nachmittag bekommen wir über die Social-Media-Kanäle die Information, dass es ein Gewitter geben soll. Und so ist es auch, genauso wie es angekündigt wird, fallen starke Regentropfen und es donnert über der Eiswiese. Aber alle Feierwütigen geben die Hoffnung nicht auf, dass der Wettergott ein Erbarmen zeigt.

Um 17 Uhr, als es auf der Taubertal-Stage losgeht, ist von dem Gewitter nur noch Wasserpfützen auf den Straßen zu erkennen und es kann losgehen. Opener am heutigen Tag sind zwei Niederbayern aus Berlin, die 2014 Dicht & Ergreifend gründen und seitdem mit Hip Hop auf bayrisch Ihre Fans begeistern. Fabian Frischmann aka Lef Dutti und Michael Huber aka George Urkwell, lieben bei ihren Live-Acts die Atmosphäre von kleineren Clubs und die Nähe zu ihren Fans. Kann also Dicht & Ergreifend auf dem TTF funtionieren? Ja kann es! Und wisst ihr auch warum? Auf bayrisch gesagt, dass san zwoa Gaudiburschen! Die wollen Spaß haben und drehen von Minute eins auf. Und die, wenn auch noch nicht ganz so große, Menge vor der Bühne feiert die Jungs und Ihre Band und singt Zeile für Zeile mit. Ein guter Start für Tag zwei!

Es werde Dicht

Um 18 Uhr wird es auf der Sound For Nature-Stage laut. AEU oder besser As Everything Unfolds stürmen die kleinere Bühne des TTF und breschen von Anfang an nach vorne. Vor allem Frontfrau Charlotte ‚Charlie‘ Rolfe sorgt mit ihrem ausdrucksstarkem Gesang dafür, dass die sechs-köpfige Post-Hardcore Band aus England einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie spielt mit ihrer Stimme, ist sanft und fast schon zart in einem Moment, um nur einen Augenblick später mit so viel Kraft und Gebrüll die Stimmung der Songs zu vermitteln, dass man nicht anders kann, als die manchmal anklingende Verzweiflung in den Liedern zu spüren. Auch auf dieser Bühne startet Tag zwei mit einem guten Act.

Zart und Hart – AEU

Ein Blick Richtung Himmel und der Check einer Wetter-App lassen für den weiteren Abend nichts Gutes vermuten. Es ist Regen, Regen und nochmal Regen angekündigt. Kurze Zeit später geht es auch schon los und der Regen setzt ein. Ganz langsam am Anfang, bis er sich entschließt ordentlich Gas zu geben und immer stärker zu werden. Aber für die Besucher des TTF kein Problem: sie sind gut vorbereitet. Regenponchos in den unterschiedlichsten Farben werden ausgepackt und weiter geht es mit dem Feiern auf der Eiswiese, auch wenn sich der Boden in einen einzigen Schlammboden verwandelt hat.

Pünktlich um 18:45 Uhr geht es weiter auf der Hauptbühne. Frank Turner and the Sleeping Souls sind dran. Wer schon einmal auf einem Konzert des britischen Singer-Songwriters war, kennt den Dresscode der Musiker: weißes Hemd und schwarze Hose. So auch heute wieder. Stylish meine Herren. Die musikalischen Wurzeln von Frank Turner liegen bei der Post-Hardcore-Band Million Dead, seine Songs seit Beginn seiner Solokarriere 2005 sind dann doch etwas anders: eine Mischung aus Folk-Rock und Punk und wissen zu überzeugen. Unterstrichen wird das Ganze von der charismatischen Reibeisenstimme von Turner. Das 60-minütige Set gestaltet sich abwechs-lungsreich, ruhigere Stücke sind genauso vertreten, wie die etwas schnelleren und härteren. Höhepunkt dieses Auftritts ist sicherlich das Crowd-Surfen von Frank Turner höchstpersönlich!

Mehr als nur ein schickes Outfit

Nur 45 Minuten später wird es Zeit für den Co-Headliner auf der großen Bühne: Provinz. Ich kann den Namen nicht greifen, auch wenn da was bei mir klingelt. Aber spätestens im Fotograben kommt die Erleuchtung bei dem Song Wenn die Party vorbei ist. Ja klar, die sind das! Aber wer sind Provinz?
Naja, simpel runtergebrochen eine Familienbande, die zusammen Musik macht. Die Band setzt sich zusammen aus den Cousins Vincent Waizenegger am Mikro, Robin Schmid an den Tasten und Moritz Bösing an den Saiten vom Bass. Vervollständigt wird das Quartett von Schlagzeuger Leon Sennewald.
Und warum dieser Bandtitel? Die Jungs kommen eben aus der Provinz – und sind stolz darauf. Sie wollen gar nicht raus in die Großstadt, was sie auch wunderbar mit dem gleichnamigen Song klarstellen. Für mich ein Co-Headliner, der noch Potential nach oben hat – aber überzeugt euch selbst und hört mal in die Songs der Jungs rein.

Provinz, die auf die große Bühne geholt wird

Für den restlichen Abend hat sich der Veranstalter des Festivals für eine für mich persönliche schwere Nuss entschieden. Sowohl der Hauptact auf der dsc03847 20230813 2058357732kleineren Sound For Nature-Stage als auch die große Nummer auf der Taubertal-Stage reizen mich. Die Künstler könnten unterschiedlicher nicht sein: While She Sleeps und Marteria. Herzlichen Dank auch. Will ich rechtzeitig zum Konzertbeginn von While She Sleeps an der kleinen Bühne sein, kann ich mir nichts vom Marteria Konzert anschauen.

Starten werde ich mit Marteria, da er eine halbe Stunde eher anfängt. Ich konnte mir schon denken, dass er nicht einfach auf die Bühne kommt und mit seiner Show anfängt. Nein, er kocht die Stimmung der Besucher langsam hoch. By the way: die Eiswiese ist dicht. Selbst außerhalb des Infields haben sich Menschenmassen zusammengestellt, um das Konzert des Rostockers zu verfolgen. Aber zurück auf Anfang: Die Bühne ist von einem schwarzen Vorhang verhüllt, langsam erklingt ein Instrumental-Intro um den Spannungsbogen zu erhöhen. Durch den Vorhang hindurch kann man die Silhouette von Marteria erkennen, die dann immer wieder von Nebelschwaden umhüllt wird. Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, fällt der Vorhang und Marteria legt los. Man merkt ihm an, dass er so richtig Bock auf diesen Abend hat – das Grinsen im Gesicht erreicht seine Augen und es macht einfach nur Spaß ihn auf der Bühne zu beobachten und seine Lieder abzufeiern. Und das tut die Menge im Infield. Textsicher zeigt sich das Publikum bis auf die letzte Zeile und gibt dem Rapper somit eins der schönsten Feedbacks, die es für Künstler geben kann. Ich hab Glück und kann den Live-Abräumer ‚Scotty beam mich hoch‘ noch mitfeiern, bevor ich weiter muss.

Wenn der Nebel sich lichtet

Durch die Menschenmassen muss ich ans andere Ende des Geländes, wenn ich noch rechtzeitig bei While She Sleeps sein will zu Konzertbeginn. Der Matsch macht die Sache nicht einfacher. Immer wieder muss ich aufpassen, dass ich nicht ausrutsche und auf dem Boden lande. FunFact: ist mir kurz vor dem Marteria Konzert natürlich passiert! Aber hey, es gibt Schlimmeres, oder?

dsc04110 20230813 1653347224Puh, rechtzeitig komme ich an der Sound For Nature-Stage an und freu mich auf mein zweites persönliches Highlight an diesem Abend: While She Sleeps. Aufmerksam wurde ich auf die Band durch ihr 2017 erschienenes Album You Are We. Die britische Metal-Core Band um Frontmann Loz haben einen Ruf als gute Live Band und da ich heute erst die Gelegenheit habe, mich davon zu überzeugen, bin ich natürlich gespannt. Das Bühnenbild ist gezeichnet von atmosphärischem Licht durch Schweinwerfer und vertikale LED Leisten. Okay, durch dieses Lichtkonzept nimmt man die fünf Musiker vorwiegend als Silhouetten war – aber von Ton eins an merkt man, dass das vollkommen egal ist. Die energiegeladene Körpersprache der Musiker sagt schon alles. Der Bassist wirbelt ständig um sich selbst herum und Sänger Loz nutzt die ganze Bühne für sich und ist ständig an einem anderen Platz zu finden. Immer wieder wird die Interaktion mit den Leuten vor der Bühne gesucht und die Menge steigt voll drauf ein. Band und Publikum treiben sich gegenseitig an und sorgen für einen rundum gelungenen Auftritt der Jungs aus Sheffield. Mir wurde nicht zu viel versprochen. While She Sleeps sind ein Live-Act, den es sich anzuschauen lohnt.

Abriss auf der kleinen Bühne

Und schon ist Tag zwei des diesjährigen TTF vorbei. Die Wetteraussichten für den nächsten Tag sind nicht die Besten. Aber wir hoffen einfach mal, dass der Wettergott ein Einsehen hat und wir den letzten Tag bei Sonnenschein feiern können.


  • Address: Am Bocksberg 13, 63925 Laudenbach
  • ISSN: 2510-2060
  • Email: redaktion@musicblox.de